Icos mit Utility Token Icos mit Utility Token
Wie werden ICOs mit Allokation von Utility Token verbucht? (Symbolbild)

Die Kommission für Rechnungslegung von Expertsuisse und die Arbeitsgruppe „Tax/Accounting/Structuring“ der Crypto Valley Association haben gemeinsam ein Verbuchungsmodell zur Abbildung von ICOs mit Zuteilung von Utility Tokens entwickelt. Die Q&A dazu wurden am 3. Dezember 2018 von Expertsuisse publiziert und am 30. April 2019 weiter ergänzt. Auch das ISIS Kompaktseminar zu Token Generating Events vom 24. Juni 2019 widmet sich diesem brandaktuellen Thema.

Ein Initial Coin Offering (ICO) ist eine digitale Form der Finanzierung von Unternehmen oder Projekten, die über die Distributed-Ledger- bzw. Blockchain-Technologie erfolgt. Die Investoren überweisen dabei finanzielle Mittel (üblicherweise in Form von Kryptowährungen) an den ICO-Organisator. Im Gegenzug werden ihnen Blockchain-basierte „Coins“ bzw. „Token“ zugeteilt, welche entweder auf einer im Rahmen des ICO neu entwickelten Blockchain oder mittels eines sogenannten „Smart Contract“ auf einer bereits bestehenden Blockchain geschaffen und dezentral gespeichert werden.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) unterscheidet mit Bezug auf ICOs zwischen Payment Token, Utility Token und Asset Token. Nachfolgend wird auf die Basisvariante des Verbuchungsmodells von ICOs mit Zuteilung von Utility Token eingegangen. Als Utility Token (Nutzungs-Token) werden Token bezeichnet, die Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermitteln sollen, welche auf oder unter Benutzung einer Blockchain-Infrastruktur erbracht wird.

Bestehende Verbuchungspraxis

Die Verbuchung von ICOs mit Utility Token ist in verschiedenen kürzlich erschienenen Artikeln skizziert worden, wobei mehrheitlich die steuerrechtliche Betrachtung im Vordergrund stand (vgl. z.B. auch Regierungsratsbeschluss RRB Nr. 579 vom 20.6.2018 im Kanton Zürich). Gemäss diesen Publikationen wurden solche ICOs in der Praxis und in Absprache mit den Steuerbehörden zumeist so verbucht, dass die beim ICO eingenommenen Mittel als Ertrag erfasst (Buchung „Wertschriften“ an „Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen“) und im gleichen Umfang Rückstellungen angesetzt wurden (Buchung „Betriebsaufwand“ an „Rückstellungen“). Die im Laufe der Projektentwicklung angefallenen Kosten wurden in der Folge von diesen Rückstellungen abgebucht, ein bei Projektabschluss verbleibender Rückstellungsbetrag erfolgswirksam aufgelöst. Diese Vorgehensweise erachtet die Kommission für Rechnungslegung als nicht sachgerecht.

Neues Verbuchungsmodell am Fallbeispiel OPEN

Die Ausgangslage (Basisvariante) gestaltet sich wie folgt: OPEN entwickelt ein Open-Source Blockchain Protokoll, wechselt die im Rahmen des ICO erhaltenen Kryptowährungen unmittelbar in Schweizer Franken um und weist die Rechtsform einer AG auf; die OPEN Coins werden erst nach Fertigstellung des Protokolls zugeteilt.

Bei einem ICO mit Ausgabe von Utility Token beauftragen die Investoren die Gesellschaft implizit, Bemühungen zur Entwicklung einer dezentralen Infrastruktur zu unternehmen. Diese Bemühungen sind (vollumfänglich) durch Vorauszahlungen vorfinanziert. Im Umfang der aufgelaufenen Projektkosten ist von einem direkten Verrechnungsanspruch der Gesellschaft zulasten der Vorauszahlung auszugehen. Dieser Anspruch wird in einer Position „Aufträge in Arbeit“ erfasst und in der Bilanz von den erhaltenen Vorauszahlungen in Abzug gebracht (mit Offenlegung der Bruttopositionen „Vorauszahlungen ohne Rückerstattungsverpflichtung“ und „Aufträge in Arbeit“ im Anhang). In der Bilanz wird somit einzig die Nettoposition „Erhaltene Vorauszahlungen für Projektentwicklung“ auf der Passivseite ausgewiesen, was der üblichen Darstellungsweise von langfristigen Fertigungsaufträgen entspricht.

Die nachfolgende Tabelle fasst das beschriebene Verbuchungsmodell (Basismodell) nach Projektphasen zusammen:

Verbuchungsmodell nach Projektphasen

Fazit

Das von Expertsuisse in Zusammenarbeit mit der Crypto Valley Association entwickelte Verbuchungsmodell zur Abbildung von ICOs mit Zuteilung von Utility Token unterscheidet sich fundamental von der bisher in der Literatur vorgeschlagenen bzw. in der Praxis beobachteten Verbuchung mit Erfassung der aus dem ICO generierten Mittel als Umsatz und gleichzeitiger Ansetzung einer Rückstellung für die zukünftigen Kosten der Projektentwicklung. Aufgrund der sehr individuellen praktischen Ausgestaltung von ICOs orientiert sich das Verbuchungsmodell an einem konkreten Fallbeispiel. Abweichungen von der Ausgangslage führen entsprechend zu Änderungen in der Verbuchung. Die Q&A sehen deshalb vier weitere Untervarianten vor, die im zweiten Teil dieses Blogbeitrags sowie auch am ISIS Seminar vom 24.6.2019 vorgestellt werden.

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Weiterführende Literaturhinweise:

Loser Silvan, Initial Coin Offering mit Utility Token in der OR-Rechnungslegung, Neue Q&A von Expertsuisse, ExpertFocus 2018/12, 950 ff.

Expertsuisse, Ausgewählte Fragen und Antworten zum OR-Rechnungslegungsrecht (mit letzter Änderung vom 30.4.2019), Ziff. 10.2

ISIS Seminar zu Token Generating Events vom 24.6.2019 im Bildungszentrum Jungholz in Zürich Oerlikon. Weiterführende Informationen und das Anmeldeformular finden Sie auf der Webseite der ISIS-Seminare.

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