Post-it-Zettel mit Aufschrift "Offboardig" Post-it-Zettel mit Aufschrift "Offboardig"
Offboarding lässt sich nicht nur per Checklist erledigen. (Symbolbild)

Was haben Credit Suisse, Migros, Sunrise und die Post gemeinsam? Es sind alles Schweizer Unternehmen, die in jüngster Zeit einen grösseren Stellenabbau angekündigt oder teilweise bereits vollzogen haben. Eine Trennung zwischen Angestellten und Arbeitgebenden ist in der Regel mit Emotionen verbunden – oft auf beiden Seiten. Wertschätzendes Offboarding ist nicht nur eine Frage des Respekts gegenüber ausscheidenden Mitarbeitenden, sondern auch eine strategische Entscheidung, die langfristige Vorteile für Unternehmen bietet. Dieser Beitrag vertieft die Aspekte, wie der Trennungsprozess möglichst reibungslos und respektvoll gestaltet werden kann, was eine wertschätzende Trennungskultur ausmacht und warum Offboarding als Wettbewerbsfaktor für Unternehmen dienen kann.

Was ist Offboarding?

Offboarding bezeichnet den strukturierten Prozess der formellen Trennung zwischen einem Mitarbeitenden und einem Unternehmen (Crail, 2022). Die Trennung kann freiwillig geschehen, durch Kündigung oder Ruhestand, oder unfreiwillig durch Entlassung. Beim Offboarding wird zwischen zwei Prozessen unterschieden: Technisches Offboarding stellt sicher, dass alle finanziellen und vertraglichen Ansprüche korrekt behandelt werden. Sozio-emotionales Offboarding fokussiert auf klare, empathische Kommunikation während des gesamten Prozesses und bietet insbesondere bei Entlassungen Karriereberatung oder psychologischer Unterstützung an. Das Ziel dahinter: Austretende Mitarbeitende fühlen sich weiterhin wertgeschätzt und akzeptiert.

Wie ist ein wertschätzendes Offboarding zu gestalten?

In der Folge werden die Phasen des sozial-emotionalen Offboardings mit Fokus auf der unfreiwilligen Trennung vertieft, da das Management dieser Trennungsart in der Regel am anspruchsvollsten ist.

1. Vorbereitung

Wenn Unternehmen Mitarbeitende entlassen, gilt es, die Trennung sorgfältig zu planen. Aus Fairness gegenüber den Betroffenen ist das Trennungsgespräch möglichst bald nach der Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzusetzen. Zudem sollte es weder an einem Geburtstag, Firmenjubiläum oder kurz vor einem anstehenden Urlaub stattfinden. Am besten eignet sich ein Vormittag zu Wochenbeginn. So kann bereits am Nachmittag oder in der gleichen Woche ein Folgegespräch geführt werden und es wird niemand nach der Trennungsnachricht unbetreut auf den Weg nach Hause oder ins Wochenende geschickt.

2. Trennungsgespräch

Das Trennungsgespräch ist das Kernstück des Offboarding-Prozesses. Bei einer Entlassung neigt die Führung oft dazu, diese unangenehme Aufgabe an die Personalabteilung oder an unbeteiligte Dritte zu delegieren. Es kommt auch vor, dass die Kündigung ohne Gespräch per Post zugestellt wird. In der Fachliteratur existiert jedoch die vorherrschende Meinung, dass das Kündigungsgespräch von dem bzw. der direkten Vorgesetzten geführt werden muss, da er bzw. sie mit dem betroffenen Mitarbeitenden direkt zusammengearbeitet hat und auch die sozialen Hintergründe kennt (Kretz, 2022). Idealerweise findet dieses in Anwesenheit der Personalabteilung mit folgender Rollenverteilung statt: Die Führungskraft überbringt die schlechte Nachricht, während der bzw. die Personaler:in bei Bedarf arbeitsrechtliche Fragen beantwortet oder bei einer Eskalation beruhigend auf den bzw. die Betroffene:n einwirkt. Wenn das Verhältnis zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten gestört ist oder kein Vertrauen besteht, sollte immer eine neutrale Person das Gespräch übernehmen. Dies fördert die Ehrlichkeit und verhindert, dass sich aufgebaute Frustrationen im Gespräch entleeren.

Das Trennungsgespräch gliedert sich in vier Phasen (Wurth, 2017):

  • In der Anfangsphase begrüsst der bzw. die Kündigende den bzw. die Betroffene förmlich ohne Smalltalk oder Floskeln, da dies als unangebracht empfunden werden könnte.
  • In der Informationsphase wird in drei bis fünf vorbereiteten und klaren Sätzen die Kündigung mitgeteilt, idealerweise in der Ich-Form, z.B.: „Ich beende unsere Zusammenarbeit mit Ihnen unter Einhaltung der Kündigungsfrist.“ Anschliessend ist der Grund der Kündigung auszusprechen. Bei Restrukturierungen oder Fusionen bedarf es einer sorgfältigen Vorbereitung der Begründung. Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist auf frühere Kritikgespräche zu verweisen.
  • In der Zwischen- oder Auffangphase sind den Emotionen des Betroffenen Raum zu geben. Dabei zeigen aktives Zuhören und Augenkontakt Wertschätzung. Persönliche Angriffe oder Vorwürfe dürfen nicht persönlich genommen werden. Bei extremen Reaktionen wie ein Zusammenbruch muss professionelle Hilfe bereitstehen. Sachliche Fragen zur Begründung der Kündigung sind individuell, schlüssig und wahrheitsgemäss zu beantworten.
  • In der Klärungsphase stimmt der bzw. die Kündigende das weitere Vorgehen ab: Es werden Themen wie Trennungskonditionen, allfällige Abfindungen und rechtliche Aspekte erläutert. Es ist wichtig, dass der bzw. die Betroffene diese Informationen schriftlich erhält und ein Folgegespräch innerhalb von 24 Stunden beanspruchen darf. So wird sichergestellt, dass er bzw. sie sich fair behandelt fühlt.

3. Interne Information über Trennung

Auch wenn es unangenehm sein mag, den Rest des Unternehmens über das Ausscheiden eines bzw. einer Mitarbeitenden zu informieren, ist es besser, dies so früh wie möglich zu tun. Je länger zugewartet wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass andere Mitarbeitende die Details selbst herausfinden. Dies kann die Situation noch unangenehmer machen. Es ist es besser, ehrlich zu sein, warum jemand gehen muss. Wenn das Management Fehler gemacht hat, sollte es dazu stehen und Schritte aufzeigen, wie diese behoben werden sollen.

4. Outplacement

Outplacement ist eine wertschätzende Art der Begleitung und Beratung in der schwierigen Phase der Freistellung. Die Gekündigten werden dabei unterstützt, eine neue Beschäftigung zu finden, die ihren Fähigkeiten und Anforderungen bestmöglich entspricht. Outplacement-Beratungen umfassen Angebote wie eine Potenzialanalyse und Zielbestimmung, Hilfe bei der Recherche nach geeigneten Positionen, Unterstützung beim Schreiben von Stellenbewerbungen und der Vorbereitung auf Vorstellungsgesprächen etc. Outplacement ist zeitlich befristet, wird in der Regel vom Unternehmen finanziert und kann von internen oder externen Beratern bzw. Beraterinnen oder eine Kombination von beiden angeboten werden. Spezifisches Branchen-Know-how und gute Kenntnisse über den bzw. die Mitarbeiter:in sind Kriterien, die für eine interne Beratung sprechen – die Gewährleistung von Vertraulichkeit, Arbeitsmarktwissen und ein grosses Netzwerk sind Vorteile, die mit einer externen Beratung verbunden sind.

5. Austrittsgespräch

Das Austrittsgespräch ist die formelle Verabschiedung des bzw. der Mitarbeitenden und wird entweder von dem bzw. der Vorgesetzten oder der Personalabteilung durchgeführt. Einerseits geht es darum, Dank für die geleisteten Dienste auszusprechen. Andererseits ist es eine Gelegenheit für Austretende, Feedback zu geben zu Linienvorgesetzten, Arbeitsumfeld, Anstellungsbedingungen, Arbeitszeitregelungen, Lohnniveau etc. Fühlt sich die austretende Person nicht nur gehört, sondern auch ernst genommen, kann ein Gefühl der Wertschätzung entstehen.

6. Abschiedsfeier

Insbesondere für Angestellte, die eine längere Zeit im Unternehmen angestellt waren, zeugt es von Wertschätzung, wenn eine Abschiedsfeier für sie veranstaltet wird. Zum Abschied kann auch eine Flasche Wein, Blumen, ein kleines Geschenk oder eine Karte mit der Unterschrift aller Teammitglieder überreicht werden.

7. Kontaktpflege

Die Pflege von Alumni-Netzwerken hilft, langfristige Beziehungen zu ehemaligen Mitarbeitenden zu erhalten, die in der Zukunft potenzielle Kund:innen, Lieferant:innen oder sogar rückkehrende Mitarbeitende sein könnten. Wenn Arbeitgebende sich in der Trennungsphase fair und wertschätzend verhalten, sind ehemalige Mitarbeitende eher bereit, in besseren Zeiten wieder einzusteigen. Auch wenn es für beide Seiten nicht wünschenswert ist, in Kontakt zu bleiben, kann sich ein wertschätzender Umgang mit gekündigten Mitarbeitenden positiv auf die Motivation und Leistungsbereitschaft der verbleibenden Mitarbeitenden auswirken.

Was bringt wertschätzendes Offboarding dem Unternehmen?

Eine erfolgreiche Umsetzung des Offboarding-Prozesses hilft dem Unternehmen, sich zu verbessern und trägt damit wesentlich zur Gestaltung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens bei. Wertschätzendes Offboarding erhöht insbesondere die Chance, die Reputation des Unternehmens als attraktive:r Arbeitgeber:in zu bewahren oder sogar zu stärken. So neigen Gekündigte eher dazu, positiv über ihren ehemaligen Arbeitgebenden zu sprechen, wenn dieser ihnen während des Offboarding-Prozesses Respekt, Empathie und Wertschätzung entgegenbringt.

Das Austrittsgespräch bildet die letzte Möglichkeit, einen Reputationsschaden abzuwenden. Mitarbeitende, die verärgert das Unternehmen verlassen, hinterlassen möglichweise eine negative Bewertung auf Portalen wie Kununu oder Glassdoor. Gelingt es dem Unternehmen, sich in Würde von Mitarbeitenden zu trennen, kann dies auch vor Klagen hinsichtlich ungerechtfertigter Kündigung schützen.

Hinzu kommt: Ausscheidende Mitarbeitende sind eher bereit, ihr Wissen bei der Einarbeitung ihren Nachfolgern bzw. Nachfolgerinnen weiterzugeben, wenn sie sich wertgeschätzt fühlt. Das erspart dem Unternehmen Zeit und Mühe bei der Organisation der Arbeitsübergabe.

Nicht zuletzt bringt eine frühzeitige Aufnahme der Outplacement-Beratung eine Kostenersparnis für den Arbeitgebenden: Je eher die betroffenen Mitarbeitenden mit der Suche nach einem neuen Job beginnen, desto früher finden sie in der Regel auch einen passenden Arbeitsplatz. So können Unternehmen die Restlaufzeiten der Arbeitsverträge verkürzen.

Fazit

Insbesondere wenn Mitarbeitende das Unternehmen unfreiwillig verlassen müssen, spielt der sozial-emotionale Prozess des Offboardings eine entscheidende Rolle, ob die betroffenen Mitarbeitenden den Trennungsprozess als fair und wertschätzend empfinden. Dabei geht es darum, den Prozess transparent, respektvoll und unterstützend zu gestalten. Wertschätzendes Offboarding bedeutet, dass beide Seiten positiv daraus hervorgehen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist ein professionelles Offboarding, welches die Aussenwahrnehmung des Unternehmens positiv beeinflusst, essenziell, um sich langfristig am Markt zu behaupten.

Autor/in
Irene-Willi

Irene Willi Kägi

Zum Profil
Coaching | Digitalisierung | Human Resource Management | Kommunikation | Leadership | Organisationsentwicklung | Psychologie | Wirtschaftspsychologie
more...

CAS FH in Strategic HR Business Partnering

Certificate of Advanced Studies (CAS)

Mehr laden
Human Resource Management | Wirtschaft
more...

CAS FH in Organisationsentwicklung und -beratung

Certificate of Advanced Studies (CAS)

Mehr laden
Human Resource Management | Organisationsentwicklung | Wirtschaft
more...
Facebook Twitter Xing LinkedIn WhatsApp E-Mail