Digitalisierung in der Bildung Digitalisierung in der Bildung
Was kommt mit der Digitalisierung in der Bildung auf uns zu? (Symbolbild)

Digitalisierung ist in jeder Munde, alles wird digital, das Leben, die Gesellschaft, die Arbeit und letztlich auch das Lernen und die Bildung. Kaum jemand setzt sich aber mit dem Begriff intensiv auseinander, was dieser bedeutet. Digitalisierung ist für viele gleich Technologie. Dabei wird Digitalisierung oft mit Medialisierung oder Technologisierung gleichgesetzt. Dies aber auf einen Nenner zu setzen, würde die Quadratur des Kreises bedeuten. Digitalisierung in der Bildung ist mehr als beispielsweise ein digitales Whiteboard in ein Klassenzimmer zu stellen. Es ist heute und morgen wichtig zu wissen, was sich dahinter verbirgt und was auf uns als Bildungswillige und Bildungsbefähigende zukommt.  

Eine steigende Lebenserwartung sowie Vervielfachung der Optionen in der Lebens- bzw. Arbeitsgestaltung bringen immer mehr individualisierte Lebensmodelle hervor. Diese Form von Multioptionalität und Individualisierung wird zu einem grossen Teil durch Digitalisierung ermöglicht. Digitale Bildung ist hierfür ein wesentliches Beispiel. In der digitalen Bildung wird Individualisierung durch die Technologie ermöglicht. Diese kann zu einer Medialisierung von Inhalten, Methoden usw. führen. So wundert es nicht, dass die zusammenfassende Definition von digitaler Bildung lautet: „Digitale Bildung beinhaltet die Befähigung aller Beteiligten unter Berücksichtigung der individuellen Leistungsvoraussetzungen aller Beteiligten mit Hilfe sinnvoller Methoden und Technologie.“

Didaktisches Konzept

Wesentlich ist hierbei, dass Technologie das Hilfsmittel der Bildung darstellt und sie nutzbringend eingesetzt werden muss. Es bedarf eines didaktischen Konzepts, das den Einsatz von Methoden und Technologie sinnvoll fördert. Es dient keinem Beteiligten, wenn Veranstaltungen gestreamt werden, digitale Whiteboards zum Einsatz kommen, wenn weder Dozierende noch Lernende diese zum Kompetenzerwerb sinnvoll nutzen können. Damit ist klar, dass eine Befähigung aller Beteiligten vorhanden sein muss. Dies schliesst neben den Lernenenden und den Dozierenden ebenso die Personen ein, welche die Bildung ermöglichen. Dazu zählen neben Vorgesetzten die Personalverantwortlichen, die Unternehmen und die Schulen selbst.

Vor allem Letzteren kommt eine besondere Rolle zu. Die Schulen werden darin gefordert, geeignete didaktische Konzepte zu evaluieren, die den individuellen Leistungsvoraussetzungen der Lernenden entsprechen.

Data Mining

Viele von uns kennen den Spruch „Nichts ist so schwer, dass es nicht erlernt werden kann.“ Dies fordert alle Beteiligten heraus. Wenn uns die Hattie-Studie eines gezeigt hat, dann ist es, dass Lernen ein sozialer Prozess ist, nicht nur zwischen Dozierenden und Lernenden (Burow & Gallenkamp 2017, S.70). Den Verantwortlichen stehen aufgrund der Digitalisierung und Individualisierung jede Menge neue bzw. zusätzliche Möglichkeiten offen. Eine davon ist das Data Mining. Dabei erhalten alle Beteiligten innerhalb des Lernprozesses automatisierte Rückmeldungen zu den Daten, die innerhalb des Lernprozesses entstehen. Wo steht der/die Lernende, wie weit ist er/sie im Lernprozess, welche Lerninhalte bereiten besondere Schwierigkeiten. Dazu gehört aber auch, individualisiert zu schauen, wo steht der/die Lernende vor der Bildungsmassnahme und anschliessend, welche Inhalte, welche Methoden und letztlich welche Massnahme eignet sich für wen. Dabei existiert bereits ein breites Instrumentarium zur Messung von Kompetenzen.

Volition

Was bei der Messung von Kompetenzen selten berücksichtigt wird, ist die Volition im Sinne der Managementlehre, also die Umsetzungskompetenz, sprich der Umsetzungswille des Einzelnen, der für den Erfolg massgeblich ist. Hier geht es darum, dass man alles erlernen kann, sofern man, neben der geeigneten und notwendigen Individualisierung der Inhalte, den Willen und das Umsetzungsvermögen hat. Die Volitionsmessung findet beispielsweise bei der Auswahl von Talenten im Leistungssport statt. Talent ist eine Sache, die Volition macht dann aus einer talentierten Persönlichkeit ein leistungsfähiges Talent.

Ganzheitliche Beratung

Das alles erzeugt jedoch auch einen erhöhten Beratungsaufwand für die Beteiligten in Unternehmen, um ein geeignetes Bildungsprogramm zu finden. Einige Hochschulen gehen daher dazu über, gemeinsam mit den Unternehmen dieses auszuwählen oder sogar neu zu entwerfen. Die Rollenteilung ist daher klar, unternehmensseitig werden mit dem Kandidaten die notwendigen Kompetenzen ermittelt und erste mögliche Wege aufgezeigt. Die Fachhochschulen auf der anderen Seite stehen für die ganzheitliche Beratung, gemeinsam mit allen Beteiligten, im Sinne einer individualisierten Bildung zur Seite. Dies ist in der Schweiz noch nicht sehr weit verbreitet, denn Schulen neigen dazu, Kandidaten als passend für eine Bildung einzustufen oder eben als für ein Studium nicht passend oder geeignet. Im Sinne einer digitalen Bildung ist hier ein Umdenken erforderlich, denn nicht der Lernende sollte sich beispielsweise einem Studium anpassen, sondern das Studium den individuellen Leistungsvoraussetzungen aller Beteiligten.

Bildungseinrichtungen als Potenzialwerkstatt

Die Schule von morgen ist keine Schule mehr, wie wir sie heute verstehen, das ist sie schon heute nicht mehr, sie ist eine „Potenzialentwicklungswerkstatt“, in der alle Beteiligten eine spezifische Rolle einnehmen. Dozierende werden zu Lerncoaches, Beteiligte in Unternehmen auf Wunsch zu Education Partners und die Lernverbände zu Think Tanks sowie die Veranstaltung zum Makerspace. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle studieren können und sollen, aber dass diejenigen, die studieren, dies individuell tun sollten und auch heute bereits können. Das lebenslange Lernen, von dem heute und schön länger gesprochen wird, darf eine Veränderung erfahren, die zu einem effizienten, effektiven und nachhaltigen Kompetenzerwerb führt. Dies bedeutet nicht zwingend den Ersatz klassischer Lehr- und Lernformen oder die Substitution von Dozierenden, im Gegenteil.

Kalaidos Fachhochschule als Vorreiter für digitale Bildung

Die Kalaidos Fachhochschule Wirtschaft ist die erste Hochschule in der Schweiz, welche eine digitale Bildung anbietet. Dies reicht von der Abklärung von Kompetenzen inklusive der Volition bis hin zur Konzeption eines Lernprogrammes für Einzelpersonen und Personengruppen. Das Unternehmen und der/die Lernende/n entscheiden beispielsweise über Inhalte, Sprache, Ort, Zeit, Form, Format usw. Es wird festgelegt, welche Kompetenzen der oder die Lernende/n in welchem Zeitraum, an welchem Ort, mit welcher Methode und in welcher digitalen oder analogen Form erlernen dürfen. Für diese Möglichkeiten der Bildung wurde die Kalaidos Fachhochschule bereits als Vorreiterin auf internationale Tagungen, zu Symposien etc. eingeladen, um anderen Schulen diesen Weg aufzuzeigen.

Kurz gesagt, digitale Bildung bedarf eines gezielten, methodischen Einsatzes und einer Rollenänderung bzw. eines Changes der digitalen Transformation. Diesen müssen Unternehmen und Bildungseinrichtungen durchlaufen, so dass aufgrund der Digitalisierung eine Individualisierung der Bildung und der Personalentwicklung stattfinden kann. Dies führt wiederum zu einer sinnvollen Multioptionalität, die für alle Beteiligten für die kommenden Jahre zielführend sein wird.

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Quellen und weiterführende Informationen

Burow, O.-A. & Gallenkamp, C. (2017). Bildung 2030: Sieben Trends, die die Schule revolutionieren. Weinheim Basel: Beltz Verlagsgruppe.

Hanke, J. (2015). Handbuch Hochschullehre Digital: Leitfaden für moderne und mediengerechte Lehre. Marburg: Textum Verlag.

Die Kalaidos FH unterstützt Unternehmen in der digitalen Bildung und bietet kostenfreie Gespräche oder Schulungen von Personalverantwortlichen und Vorgesetzten an, um sich im heutigen Dschungel der Möglichkeiten zurecht zu finden und/oder in Themen der digitalen Bildung aufzuklären.

Autor/in
Prof. Dr. Dr. Andrea-Rögner

Prof. Dr. phil. habil. Dr.-Ing. Andrea Rögner

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Autor/in
Maika Lange

Dr. Maika Lange

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