Potential- und Kraftentfaltung steht im Mittelpunkt der Führungsarbeit. Potential- und Kraftentfaltung steht im Mittelpunkt der Führungsarbeit.
Potential- und Kraftentfaltung steht im Mittelpunkt der Führungsarbeit. (Symbolbild)

Ungeachtet des Hypes über Holokratie, Soziokratie oder das Semco System („Management ohne Manager“) bin ich überzeugt, dass es immer Leadership braucht. Nicht die Form der Organisation sondern die Leadership-Kultur ist für den Erfolg entscheidend. Aus meiner Praxis sehe ich, dass auch Nischenplayer mit einer funktionalen Struktur mit der richtigen Kultur zum Weltmarktführer emporsteigen und die besten Talente vom Markt holen. Dennoch haben die ursprünglichen Managementmodelle zweifellos ausgedient. Ein Umdenken in der (Selbst-)Führung ist angesagt. Doch was brauchen wir?

Die Frage, ob es morgen noch Chefs braucht, ist obsolet

In meiner Arbeit mit Unternehmen, Privatpersonen oder Studenten spiele ich oft mit Legos oder baue mit verschiedenen Materialien Türme und Brücken. Dabei beobachte ich in allen Fällen, dass die Teams sich zwar selbst organisieren müssen und Entscheidungen von allen getroffen werden, doch meist entpuppt sich klar eine Person, welche die anderen inspiriert, anspornt oder befähigt. Einige können und wollen gar nicht entscheiden und suchen nach Führung. Andere wiederum nehmen das Zepter in die Hand und führen einen wilden Haufen zum Erfolg.

Potential- und Kraftentfaltung steht im Mittelpunkt der Führungsarbeit

Drehen wir nun das Rad 30 Jahre zurück. Bei meinem ersten Job als junger Ingenieur war ich hungrig, hatte Visionen und Träume, grosse Dinge zu kreieren und viel zu lernen. Was wäre wohl passiert, wenn ich einen Chef gehabt hätte, der diese Träume, diese Visionen und diesen Hunger und meine Potentiale im Keime erstickt hätte? Stattdessen liess er mich gestalten, viele Fehler machen, meine Leidenschaft für das Zeichnen der Pläne ausleben und unbekannte Themen erforschen. Meine Lernkurve zeigte steil nach oben, weil ich auch für die dümmsten Fehler immer ein konstruktives Feedback erhielt. Dann erfolgte plötzlich der Wechsel meines Vorgesetzten. Fehler wurden nicht mehr toleriert, meine Passion erlosch und sechs Monate später verliess ich das Unternehmen.

Fazit: Menschen in der westlichen Welt werden immer selbstständiger. Wir brauchen keine Chefs, welche Mitarbeitenden sagen, wo es lang geht. Menschen wollen wachsen, sich entwickeln, erfahren, was in ihnen steckt und einen Beitrag zum grossen Ganzen leisten. Sie brauchen sinnvolle und -stiftende Arbeit. Die Chefs der Zukunft stellen deshalb die Potential- und Kraftentfaltung in den Mittelpunkt ihrer Führungsarbeit.

Dazu braucht es aber Führungskräfte, die sich die richtigen Werkzeuge aneignen und anderen auf Augenhöhe begleiten. Der Chef wird zum Mentor, zum Begleiter. Prof. Gerhald Hüter, Deutschlands bekanntester Hirnforscher, drückte es in einem seiner Vorträge am Personalmanagementkongress 2018 treffend aus: “Der Chef von morgen ist ein Liebender. Er ist ein Ermöglicher. Es wird im 21. Jahrhundert zwei grundlegende Schlüsselbegriffe geben: Selbstorganisation und Potentialentfaltung.“ Die grösste Herausforderung ist die Frage, wie man Potentiale entdeckt und diese entfaltet.

André Lüthi, CEO der Globetrotter, sagte jüngst in einem persönlichen Gespräch: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ Wir können also nur das geben, was wir selber besitzen. Führungskräfte müssen deshalb zuerst selbst ihre Potentiale entdecken und entfalten, bevor sie andere anleiten können, Gleiches zu tun. Doch die meisten Führungskurse und Ausbildungsangebote versagen hier und hinterlassen eine klaffende Lücke, wenn es darum geht, die Kunst der Potentialentfaltung zu leben. Ohne konkrete Handlungen bleiben solche Worte nur heisse Luft.

Wie Sie Schritt für Schritt zum Chef von morgen werden

Nachfolgend biete ich fünf einfache Schritte als Start zum Chef von morgen:

  1. Entfalten Sie Potentiale mit den richtigen Werkzeugen, welche den Zugang zum Unbewussten und Unterbewussten ermöglichen. Intuition, Stille und Wahrnehmung öffnen das Tor zu unseren grössten Potentialen. Alle anderen Werkzeuge versagen, wenn es darum geht, die schöpferische Kraft aus der Einzigartigkeit zu mobilisieren.
  2. Lassen Sie eine Fehlerkultur zu. Auch in fortschrittlichen Unternehmen mit wertschätzendem Führungsstil zeigen, dass vielerorts eine Angstkultur vorherrscht. Kein Wunder trauen sich Mitarbeitende nicht, ihre Ideen zu teilen. Mitarbeitende dürfen, ja sollen Fehler machen. Ohne Fehler kein Lernen, kein Fortschritt und kein Wachstum. Wir brauchen Menschen, die mutig als Vorbild vorangehen und ihre Einzigartigkeit zelebrieren, so dass möglichst viele ihre Komfortzone verlassen.
  3. Fördern Sie Freiheit, Autonomie und Wertschätzung. Diese Werte laden andere ein, sich mitzuteilen. Feedback geben, Zuhören, Provozieren, offene Fragen sind der Schlüssel dazu.
  4. Entwickeln Sie gegenseitiges Vertrauen. Der grösste Katalysator für Vertrauen ist die Authentizität, sprich die Integrität des Herzens. Sagen und handeln, wie man fühlt. Wir brauchen echte Chefs, die mit Wertschätzung der Andersartigkeit andere mitreissen.
  5. Erarbeiten Sie Visionen gemeinsam. Visionen treiben Menschen an, katapultieren sie trotz Hindernissen zum Aussergewöhnlichen. Firmen beweisen, dass sie auch mit 1600 Mitarbeitenden in einem fünftägigen Workshop eine gemeinsame Vision erarbeiten können.

 

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