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Ergebnisse der Fachpersonenumfrage

In der Schweiz kümmern sich knapp acht Prozent der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen um erkrankte oder beeinträchtigte Familienangehörige oder nahestehende Personen. Sind Fachpersonen aus dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen genügend auf die Herausforderungen dieser jungen Menschen vorbereitet? Die erste schweizweite und repräsentative Umfrage gibt Antworten. 

An erster Stelle steht ein grosses Dankeschön: Insgesamt 3‘518 Fachpersonen aus dem schweizerischen Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich nahmen an unserer Online-Befragung teil. Diese grosse Beteiligung lieferte solide Daten, um das Bewusstsein von Fachpersonen für die Situation von «Young Carers» in der Schweiz einschätzen und so praxisnahe Vorschläge für weitere Massnahmen entwickeln zu können.

Fachpersonen sind oft direkte Kontaktpersonen       

Ist ein Familienmitglied bereits über eine längere Zeit von einer Krankheit oder Behinderung betroffen oder plötzlich wegen eines Unfalls eingeschränkt, verändert sich die Situation für Familien oftmals bedeutend. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene übernehmen dann vielfach Betreuungs- und Pflegeaufgaben. Gleichzeitig gehen sie meist noch zur Schule, sind in der Ausbildung oder befinden  sich im herausfordernden Übergang ins Berufsleben. 

Internationale Studien belegen Spätfolgen, wenn Kinder und Jugendliche Pflegeaufgaben übernehmen. So können zum Beispiel schulische Beeinträchtigungen, Konzentrationsschwäche als Folge von Schlafmangel und häufige Absenzen zu schlechteren Bildungschancen führen. Entsprechend wichtig war es zu erfahren, was Fachpersonen aus dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich in der Schweiz über das Phänomen «Young Carers» wissen. Denn oftmals stehen gerade sie durch ihre berufliche Tätigkeit in direktem Kontakt mit den jungen Menschen und können diese identifizieren.

Die landesweite Befragung von Fachpersonen sollte klären

  • wie vertraut sie mit dem Phänomen «Young Carers» sind
  • wie oft sie im beruflichen Kontext Kindern und Jugendlichen mit Pflegeaufgaben begegnen
  • auf welche Weise sie Unterstützung anbieten können
  • wie zuständig sich Fachpersonen aus den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales fühlen, solche jungen Menschen zu unterstützen

Die wichtigsten Erkenntnisse der Umfrage

Von den 3‘518 befragten Fachpersonen stammt der überwiegende Teil, nämlich 56 Prozent, aus dem Gesundheitsbereich. Mit 22 Prozent folgt der Bildungssektor, 18 Prozent stammen aus dem Sozialbereich. Von den befragten Personen gaben 77 Prozent bei der Frage nach dem Geschlecht weiblich und 22 Prozent männlich an (Rest: Keine Nennung). Sie waren zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 15 und 78 Jahre alt, das Durchschnittsalter lag bei 43 Jahren. 

Wichtig für die Auswertung war, wie lange eine Fachperson bereits ihre Tätigkeit ausübt und über welchen Erfahrungshorizont sie verfügt. Wenig Berufserfahrung (null bis fünf Jahre) haben 27 Prozent der Befragten, 20 Prozent verfügen über eine mittlere (sechs bis zehn Jahre) und 53 Prozent über eine grosse Berufserfahrung (mehr als sechzehn Jahre). Die Chance, dass Fachpersonen «Young Carers» wahrnehmen, steigt mit zunehmender Berufserfahrung. 56 Prozent kannten keine Fachbegriffe zur Beschreibung pflegender und betreuender junger Menschen. 44 Prozent waren Begrifflichkeiten vertraut, wobei «Young Carers» als geläufigster Fachausdruck genannt wurde. Auch hier gilt: Wer sensibilisiert ist und die Begrifflichkeiten kennt, kann betroffene Kinder und junge Menschen als «Young Carers» besser identifizieren.

Ein frühzeitiges Erkennen und ein ausreichendes Bewusstsein der Fachpersonen aller Sektoren sind entscheidend, um «Young Carers» zu unterstützen. Die Umfrage zeigt, dass Fachpersonen noch wenig vertraut sind mit dem Phänomen «Young Carers». Nach der Definitionsklärung gaben dennoch rund 40 Prozent aller Befragten an, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit jungen Menschen in Kontakt gekommen zu sein, auf die diese Beschreibung zutrifft. Betrachtet man die Untergruppen, sind das für den Sozialbereich 51 Prozent, für den Gesundheitsbereich 43 Prozent und für das Bildungswesen 33 Prozent (siehe Abbildung 1). 

Grafik YC Beruf 1
Abbildung 1: Beruflicher Kontakt mit «Young Carers»

Ein Grossteil der Befragten aller Sektoren sieht die Zuständigkeit beim Sozialbereich, wenn «Young Carers» Unterstützung benötigen, die nicht innerhalb der Familie geleistet werden kann – gefolgt vom Gesundheitswesen und dem Bildungsbereich. Am wenigsten zuständig fühlten sich Personen aus dem Bildungsbereich. Dieses Ergebnis ist nicht ganz unproblematisch, stehen diese Fachpersonen doch in der Regel in direktem Kontakt mit betroffenen jungen Menschen. Erfreulich ist, dass 48 Prozent der befragten Personen sich befähigt fühlen, «Young Carers» zu unterstützen (siehe Abbildung 2).

Grafik Young Carers Beruf 2
Abbildung 2: Sich fähig fühlen, Young Carers zu unterstützen

Folgende Unterstützungsmassnahmen würden Fachpersonen für betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sinnvoll finden: Anonyme Anlaufstelle (73 Prozent), auf «Young Carers» und «Young Adult Carers» spezialisierte Fachpersonen (67 Prozent), konkrete Unterstützungsmassnahmen zu Hause (63 Prozent). Ein kleiner Prozentsatz (8 Prozent) war sich nicht sicher, welche Massnahmen nötig wären oder fand, es benötige keine Massnahmen (1 Prozent) (siehe Abbildung 3).

Young Carers Grafik
Abbildung 3: Wünschenswerte Unterstützungsmassnahmen für YC/YAC

Welche Form von Unterstützung sich Fachpersonen für sich selbst wünschen: 65 Prozent fänden eine auf «Young Carers» und «Young Adult Carers» spezialisierte Fachstelle sinnvoll. 56 Prozent wären froh über mehr Informationsmaterial. 26 Prozent würden Schulungen und 23 Prozent Weiterbildungsmöglichkeiten nützlich finden. 9 Prozent benötigen keine weiteren Hilfestellungen (siehe Abbildung 4).

Young Carers Grafik
Abbildung 4: Wünschenswerte Hilfestellungen für Fachpersonen

Wie weiter mit den Ergebnissen? Die Umfrageergebnisse und die Erkenntnisse aus nationalen und internationalen Projekten bilden die Grundlage für praxisorientierte Empfehlungen für Fachpersonen und für weiterführende politische Massnahmen in der ganzen Schweiz.

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